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Von Weltverbesserern und Fanatikern

  • Autorenbild: ReadingWitch
    ReadingWitch
  • vor 4 Tagen
  • 2 Min. Lesezeit

Rezension "Balaclava" von Campbell Jefferys

Umweltschutz, Klimawandel, soziale Ungerechtigkeit, Migration, Polizeigewalt und Frauenrechte sind nur ein paar der Themen, die im Roman "Balaclava" von Campbell Jefferys verarbeitet werden. Doch im Zentrum stand die Beeinflussung der Menschen für eigene, nicht immer gute Ziele.


Die Geschichte startet in der lebendigen Stadt Berlin, in der die junge aus Hamburg stammende Mara als Polizistin arbeitet. Ihr Alltag auf der Polizeiwache ist nicht nur von täglicher Pflichterfüllung, sondern auch von Diskriminierung und sexueller Belästigung durch ältere oder vorgesetzte Kollegen geprägt. Als sie bei einer Dienstbesprechung ein Video einer Hamburger Demonstration sieht, auf dem ihr maskierter Bruder vermeintliche einen Polizisten tötet, beschließt sie Berlin hinter sich zu lassen und in Hamburg verdeckt zu ermitteln. Vor der Unschuld ihres Bruders ist sie überzeug und möchte ihn vor ihren Kollegen erwischen. Innerhalb kürzester Zeit knüpft Mara Kontakte zu Circus, einer führenden Organisation innerhalb der Protestszene. Sie organisieren friedliche Proteste. Doch diese Demonstrationen werden immer gewalttätiger, es kommt immer wieder zu starken Ausschreitungen und der G8-Gipfel steht vor der Tür. Außerdem drängt sich ein Mann in den Vordergrund, der alle Protestgruppen vereinigen und den Sturz der Regierung zum Ziel hat.


Jeffrerys erfasst sehr treffen und in einfacher Sprache die gesellschaftlichen Strukturen und den Zeitgeist in Deutschland. Wohin wir uns entwickeln werden, wenn die Fronten weiterhin so verhärtet und sich der radikale Rechtsruck ausbreitet, wird in diesem Roman dem Leser ungeschont vor Augen geführt. Er spricht viele strukturelle Probleme an und legt den Fokus auf Feminismus und männlichen Machtmissbrauch. Die Strukturen von radikalen Gruppen, das Demonstrationsgeschehen und die damit einhergehende Massendynamik fand ich sehr gut dargestellt.


Die Charaktere sind gut herausgearbeitet. Sie wirken plastisch und realistisch. Besonders hat mir gefallen, dass sie weder gut noch böse sind, sondern alle ihre eigenen Motive haben und auf unterschiedliche Weise ihre Ziele verfolgen. Zum Beispiel will die Protagonistin Mara ihren Bruder beschütze, auch wenn er schuldig ist und das als Polizistin. Sie erscheint zunächst als friedlicher Mensch und wird doch oft von ihren Emotionen überrollt und neigt dann zur Gewalt. Sie ist jung und leidet an Selbstzweifel und verfolgt doch unbeirrt ihr Ziel. Auch andere Charaktere sind teilweise in ihrem Wesen sehr widersprüchlich und genau deshalb so glaubhaft.


Auch wenn die Gesellschaftskritik im Focus steht, werden auch die persönlichen Beziehungen von Mara zu ihrer Familie und anderen vertrauten Personen immer wieder thematisiert. Die bestehenden Konflikte werden thematisiert und nach und nach gelöst. Mara ist eine reflektierte Person, die sich durch den gesamten Roman hinterfragt und entwickelt. Was mir dabei nicht gefiel, war die Verwebung der Familienangehörigen mir den Anführer der Wiederstandbewegung. Das wirkte doch etwas konstruiert auf mich. Ein weiterer Kritikpunkt betrifft den Schluss der Geschichten. Das Finale fing bombastisch an und war abrupt zu ende. Auf mich wirkte das so, als ob der Autor den Roman einfach nur noch abschließen will.


Zusammenfassend kann ich sagen, dass es von mir eine eindeutige Leseempfehlung gibt. Dieser Roman hat zwar seine Schwächen, doch beschreibt mit einfachen Worten sehr deutlich die Missstände in unserem Land und erklärt auch, dass Widerstand und Protest etwas bewegen kann. Zeigt aber auch wie Menschen sich einer guten Idee verschreiben und sich die ganze Sache trotzdem nur durch vereinzelte Menschen in eine extrem falsche Richtung entwickeln kann. Die Grenze zwischen Weltverbesserern und Fanatikern ist nicht immer deutlich zu sehen.


"Balaclava" von Campbell Jefferys

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