Der rasende Reporter
- ReadingWitch

- 21. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 16. Sept.

Rezension " Die Schatten von Prag"
Dem Autoren-Duo Tabea Soergel und Martin Becker gelingt mit dem historischen Kriminalroman "Die Schatten von Prag" ein spannender Auftakt zur hoffentlich einer Buchreihe über den Journalisten Egon Erwin Kirsch und seiner ehrgeizigen Partnerin Lenka Weißbach.
Wie befinden uns im Jahre 1910 in der goldenen Stadt Prag. Der Weltuntergand, herbeigeführt durch den nahenden Halley‘schen Kometen, steht kurz bevor. Die Bewohner sind in heller Aufregung. Sie feiern Weltuntergangsparty, graben tiefe Löcher in die Erde, um sich zu verstecken, oder wittern überall Verschwörungen. In dieser aufgeheizten und etwas mysteriösen Atmosphäre wird am Ufer der Moldau eine Leiche aufgefunden. Schnell geht man vom Tod durch Gift und einem Selbstmord aus. Doch der rasende Reporter Kirsch ist von diesem Hergang nicht überzeugt und beginnt eigene Ermittlungen durchzuführen. Ihm schließt sich Lenka Weißenbach an. Zuvor hat sie in Berlin als eine der wenigen weiblichen Studentinnen Medizin studiert, musste das allerdings abbrechen, um sich zu Hause in Prag um ihre demente Mutter zu kümmern. Kirsch, der bei der Zeitung Bohemia angestellt ist, verschafft auch Lenka eine Arbeit als Schreibmaschinenfräulein und bindet sie widerwillig in seine Ermittlungen ein.
Weitere Leichen folgen und die Sache wird immer skurriler. Bei der Aufklärung müssen der Journalist und seine Partnerin jede Menge Schwierigkeiten überwinden. So kommen sie wiederholt der Polizei in die Quere, sodass Kirsch von seinem Redakteur von der Geschichte abgezogen wird, außerdem begibt er sich als Häftling ins Gefängnis und er wird zusammengeschlagen. Auch Lenka ist sehr engagiert, auch wenn ihre Aktionen weniger spektakulär sind.
Die beiden Protagonisten und ihr Innenleben nehmen insgesamt im Buch viel Raum ein. Während Kirsch in seinen Handlungen emotional und von seinem Egoismus getrieben agiert, verlässt sich Lenka auf Logik und Fakten. Beide streben sie nach Anerkennung, doch erscheint dieser Wunsch bei Kirsch gerade zu krankhaft. Er ist eine launische und unruhige Person. Tags über ist er auf der Suche nach Neuigkeiten und in der Nacht auf der Suche nach Betäubung. Lenka wirkt hingegen sehr verloren. Sie hat nicht nur ihr Medizinstudium in Berlin aufgegeben, sondern auch die Frau, die sie liebte. Als homosexuelle Studentin mit feministischen Ansichten, passt sie nicht in das Bild der damaligen Zeit, macht sie aber ausgesprochen sympathisch. Auch führt das zu einer interessanten Dynamik zwischen den beiden Hauptcharakteren.
Die Erzählweise der beiden Autoren ist mitreißend und authentisch. Die Beschreibungen der Stadt, lassen die Lesenden diesen wundervollen Ort nicht nur sehen, sondern auch spüren. Gefallen haben mir auch die philosophischen Passagen, die vom Leben und den Menschen in Prag erzählen. Das Ganze betten sie in eine düstere und geheimnisvolle Atmosphäre. Gelungen fand ich auch das Zusammenspiel zwischen historischen Fakten und der Phantasie der Autoren. Den rasenden Reporter Kirsch hat es tatsächlich gegeben. Er war ein berühmter und berüchtigter Enthüllungsjournalist, der mehrere Bücher veröffentlichte, während Lenka eine fiktive Figur ist. Enttäuschen war allerdings der Schluss. Die Auflösung im Rahmen eines großen Finales habe ich erwartet und diese erschien mir auch gelungen. Doch das Motiv, welches ich persönlich nachvollziehen kann, kam so in der Entwicklung des Plots nicht vor und hat mich doch stark irritiert. Mehr will ich an dieser Stelle nicht verraten.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass dieser historische Kriminalroman mich sehr begeistert hat. Er besticht mit authentischen Charakteren und einem spanenden Plot. Die Autoren lassen einen in der Geschichte versinken und die Goldene Stadt als etwas mystisches erleben. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung und ich freue mich auf die Fortsetzung.









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