Rezension „Drei Frauen“
Liebe, Leidenschaft und Intimität sind für die meisten von uns positive Begriffe. Wir verbinden sie mit Glück und Zufriedenheit. Aber was passiert, wenn Liebe zur Obsession wird oder wenn das Objekt unserer Begierde unsere Gefühle nicht teilt. Oder noch schlimmer – unsere Liebe wird ausgenutzt. Wenn man den Begriff “unglückliche Liebe“ googelt, stößt man schnell auf Ausdrücke wie z. B. Co. Abhängigkeit, Narzissmus und toxische Partnerschaft. Und nach einer kleinen Umfrage im Freundeskreis musste ich feststellen, dass solche Beziehungen gar nicht so selten sind.
Genau solche ungesunden Beziehungen macht Lisa Taddeo zum Thema in ihrem Roman „Three Women – Drei Frauen“. Sie schreibt über drei unterschiedliche, amerikanische Frauen, die alle einer unglücklichen Liebe verfallen sind. Eine der drei Frauen ist Maggie. Sie ist 17 Jahre alt und lebt noch bei ihren Eltern. Die Verhältnisse bei ihr zuhause sind nicht besonders stabil, und aus dem Wunsch heraus sich jemandem anzuvertrauen entsteht nach und nach eine Liebesbeziehung zu ihrem Vertrauenslehrer. Dann ist da noch Lina. Sie ist verheiratet und hat Kinder. Ihr Mann hat sie seit langer Zeit nicht mehr angerührt, geschweigenden begehrt. Ihr Verlangen nach Liebe und Zärtlichkeit treibt sie in die Arme ihrer Jugendliebe Aidan. Die dritte Frau ist Sloane. Sie stammt aus einer Upper-Class Familie und heiratet einen Mann, dem sie jeden sexuellen Wunsch erfüllt.
All diese Frauen haben eins gemeinsam. Sie glauben, dass sie aus Liebe handeln. Dabei fällt dem Leser schnell auf, dass diese Liebesbeziehungen nicht gesund sind, sondern geradezu toxisch. Die Männer geben den Ton an und die Frauen bleiben mit ihren Wünschen auf der Strecke. In der Beziehung zu ihrem Lehrer muss sich Magie seinen Bedingungen fügen. Lina lässt alles stehen und liegen, wenn ihre Affäre sich bei ihr meldet. Und Sloane überschreitet ihre moralischen Grenzen, um den Vorstellungen ihres Mannes zu genügen.
Diese drei Geschichten basieren auf wahren Begebenheiten und werden von Lisa Taddeo abwechselnd Schritt für Schritt entwickelt. Taddeo schreibt aus der Sicht ihrer Figuren und erlaubt dem Leser damit den vollen Einblick in ihre Gedanken- und Gefühlswelt. Der Leser erfährt warum sich diese Frauen auf diese toxischen Partnerschaften einlassen. Besonders berührt hat mich das Schicksal von Magie, die für ihre naive und kindliche Liebe zu einem Mann brutal bestraft wurde. Bei Lina hatte ich oft das Bedürfnis diese zu schütteln und sie zu fragen, wo denn ihr Stolz sei. Und dass es nur Unglück bringt einem Mann in dem Ausmaß nachzurennen. Sloane macht auf den ersten Blick einen emanzipierten Eindruck. Sie arbeitet, ist ihr eigener Chef und trifft auch eigenständig Entscheidungen. Doch dieser Eindruck täuscht, sie wünscht sich Aufmerksamkeit und Liebe und macht sich damit selbst zum Opfer.
Gesellschaftliche Unterdrückung von Frauen ist kein Thema der Vergangenheit. Wie die #Metoo-Debatte zeigt, ist die Gleichbehandlung von Mann und Frau noch nicht erreicht. Genau damit setzt sich Lisa Taddeo in diesem Roman auseinander. Sie beleuchtet Themen wie Solidarität unter Frauen, toxische Männlichkeit, weibliche Rollenbilder, Co. Abhängigkeit und Depressionen und zeigt schonungslos, dass Unterdrückung nicht nur durch Männer erfolgt, sondern auch von Frauen angefacht wird. Die Frauen denunzieren sich selbst, um in der Männerwelt erfolgreicher zu sein. Das alles umrahmt Taddeo mit ihrem unaufgeregtem und klarem Schreibstil. Sie erschafft eine zum Inhalt passende düstere und hoffnungslose Atmosphäre.
Fazit
Warum lassen Frauen das mit sich machen? Auf diese Frage gibt auch die Autorin keine Antwort, aber sie zeigt anschaulich, wie es bei den betreffenden Frauen dazu kam. Sind diese Geschichte nachvollziehbar? Wahrscheinlich kann man diese Frauen nur dann verstehen, wenn man selbst in einer toxischen Beziehung festhing. Gibt es von mir eine Leseempfehlung? Ein klares Jein an dieser Stelle. Dieses Buch zeigt Missstände auf, ohne Hoffnung auf Änderung zu machen. Es ist keine leichte Kost oder Unterhaltung für zwischendurch. Dieser Roman soll aufrütteln und zum Denken anregen. Wenn man dazu bereit ist, muss man es lesen.
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