Was uns die Begegnungen berühmter Persönlichkeiten über die großen Fragen des Lebens verraten
Rezension "Mit Platon und Merilyn im Zug"
Der ungewöhnliche Titel weckte mein Interesse. Was ist damit gemeint? Ist es eine Reisegeschichte? Und sind damit Marilyn Monroe und der Philosoph Platon gemeint? Sicherlich gab es eine Zeit, in der man Marilyn im Zug begegnen konnte, eine Begegnung mit Platon ist nur in Form eines Buches möglich. Der Blick auf den Klapptext verrät einiges und verspricht eine spannende Reise durch die Geschichte der Menschheit.
Helge Hesse ist ein Philosoph und widmet sich in diesem Werk dem Lebendig werden zahlreicher interessanter Persönlichkeiten von der Antike bis zur Neuzeit. In chronologischer Reihenfolge nimmt er uns mit in das Leben und Werk herausragender Menschen. Den Anfang machen Platon und Aristoteles, die unter Olivenbäumen in einem kleinen Wald bei Athen spazieren gehen. Ein Lehrer und sein Schüler, die über die Menschheit diskutieren und bis heute die Welt mit ihren Philosophien bereichern. Weiter geht es mit Abélard und Héloise, deren Liebe Konventionen und andere Widerstände übersteht. Er beschreibt die Begegnung zwischen Vincent van Gogh und Paul Gauguin und die Bedeutung der Kunst, oder auch die Beziehung von John Lennon und Yoko Ono, die zusammen die Welt retten wollten. Hesse greift in seiner Darstellung Themen wie Macht, Glauben, der perfekten Staatsform und den Menschen als Individuum auf. Eben die großen Fragen des Lebens.
In 15 Kapitel werden nicht nur Daten und Fakten der Weltgeschichte wiedergegeben, sondern berühmte Persönlichkeiten zum Leben erweckt. Hesse schafft es die trockenen Biografien mit eloquenter und doch einfacher Sprache greifbar zu machen. Er hält sich an historische Begebenheiten und flechtet diese in packende Erzählungen ein. Sein Schreibstill ist geistreich und mitreisend. Als Leser hat man den Eindruck einen Roman vor sich zu haben und trotzdem erfährt man die Informationen eines Sachbuches.
Dadurch, dass jedes Kapitel eine für sich stehende Begegnung beschreibt, muss man dieses Buch nicht am Stück lesen, sondern nach Lust und Laune. Auch an die chronologische Reihenfolge muss man sich nicht unbedingt halten. Es ist ein wunderbares Lesebuch für den Nachtschrank oder auch für Unterwegs. Ich persönlich habe dieses Werk passenderweise im Zug gelesen.
Ein Kritikpunkt ist für mich allerdings die deutliche Überzahl der männlichen Berühmtheiten im Vergleich zu den weiblichen. Natürlich haben mehr die Herren unsere Welt geprägt, doch ein Verhältnis von 27:3 erscheint mir zu Einseitig.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung. Dieses Buch erweitert nicht nur das Allgemeinwissen, sondern zeigt uns die Menschen, die wir sonst vielleicht nur aus Geschichtsbüchern kennen, von ihrer persönlichen und menschlichen Seite. Vincent van Gogh ist nicht nur jemand, dessen Bilder wir im Kunstunterricht betrachtet haben. Er ist ein Mensch mit Vorstellungen von Kunst und Emotionen, die zu seinen Werken führen. Marilyn Monroe ist nicht nur eine Hollywood-Schönheit. Sie ist ein Mensch voller Ideen und Selbstzweifel. Das Kapitel, an welches ich mich besonders gerne erinnere, handelt vom Nelson Mandela und seiner Vorstellung von Widerstand und Frieden. Frederik Willem de Klerk und Nelson Mandela diskutieren darüber, wie man Gewalt überwinden kann, denn "auch mit einer Umarmung kann man einen politischen Gegner bewegungsunfähig machen" (Nelson Mandela).
Ausgezeichnet, sehr schön beschrieben und ein Interesse geweckt, das Buch zu lesen