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Herkunft, Freundschaft und Anerkennung

Rezension „Die Taucherin“



Die Taucherin Freundschaft

Herkunft, Freundschaft und Anerkennung sind die zentralen Themen des Romans "Die Taucherin" von Verena Boos. Die Geschichte beginnt unscheinbar mit der Freundschaft zwischen zwei Frauen, die seit Kindertagen besteht und auseinander zu brechen scheint. Doch die gewaltigen Enthüllungen diverser Menschenrechtsverletzungen, welche keine Fiktion der Autorin sind, sondern für viele die Realität darstellen, ließen mich dieses Buch nicht mehr aus der Hand legen.


Den Anfang macht Amalia Faller aus dem beschaulichen Schwarzwald. Sie liebt das Bergsteigen, muss allerdings beruflich eine Niederlage nach der anderen einstecken. Aus Mangel an Alternativen einer Bleibe kommt sie, nach der Trennung von ihrem Freund, bei ihrer Familie unter. Zu ihrer Mutter hat Amalia ein angespanntes Verhältnis, steht aber ihrem an Demenz erkranktem Vater sehr nah. Seine geschichtlichen Forschungen waren es, die Amalia als junges Mädchen nach Valencia zu Marina brachten. Marina Ramirez kommt aus einer wohlhabenden Familie. Sie ist eine erfolgreiche Meeresbiologin taucht leidenschaftlich gerne.


Eines Tages verschwindet Marina spurlos und Amalia reist in Sorge nach Valencia, um dort die Suche nach ihr aufzunehmen. Diese gestaltet sich wie erwartet schwierig. Zur Polizei besteht kein Vertrauen und die Familie von Marina ist zu keinem Gespräch bereit. Amalia ist umgeben von Fragen auf die sie absolut keine Antworten findet. Nach und nach beginnt sie sich mit der Vergangenheit ihrer Freundin auseinanderzusetzen. Immer weiter taucht sie mit ihren Nachforschungen in die Geheimnisse zweier Familien, die sehr viel mehr verbindet, als zu Beginn angenommen. Der Roman offenbart nicht nur komplizierte Beziehungen einer Familie, sondern auch entsetzliche Folgen historischer Verstrickungen zwischen Deutschland und Spanien. Zuerst sind es nur Andeutungen und Verdachtsmomente, die sehr unglaubwürdig erscheinen. Doch bald ist klar, dass es sich hier um Verbrechen an kleinen Kindern und Babys handelt. Ihren Müttern entrissen und von Fremden zwangsadoptiert, sollen diese Kinder nach den moralischen Vorstellungen der Menschen, die sich das finanziell auch leisten konnten, umerzogen werden.


Zu Beginn erscheinen mir die beiden Frauen etwas unsympathisch. Marina wirkt arrogant und Amalia nervt mit ihren ständigen Zweifeln, doch Verena Boos lässt die beiden eine Entwicklung vollziehen, so dass sie mir zum Schluss tatsächlich ans Herz wachsen. Amalia wird mit jeder Seite selbstbewusster und Marinas abweisendes Verhalten ergibt Sinn.


Boos Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig und doch mitreißend. Sie beschreibt sehr anschaulich und präzise Situationen und Orte, lässt die Leserin tief in die Geschichte eintauchen. Die Dialoge und die offenen Fragen lassen die Geschichte lebendig wirken. Amalias Verlorenheit und Frust sind fast schon spürbar.


Man muss sich auf diese Geschichte einlassen und ihr Zeit geben sich zu entfalten. Sehr lange war mir nicht klar wohin mich dieser Roman führen wird. Doch die Geduld wird belohnt. Eine rasante Suche durch Valencia und die spanische Geschichte erwartet den Leser. Die Suche nach der eigenen Herkunft, Anerkennung und sich selbst. Das Ende kam für mein Empfinden etwas zu schnell. Einige Fragen blieben offen. Trotzdem gibt es von mir für dieses berührende Buch eine Leseempfehlung, nicht zuletzt auch weil man hier über Geschehnisse liest, die im Geschichtsunterricht nicht behandelt werden.

 



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